Autorin: Dagmar Röhrlich
Ernährungsforschung – Wer steckt dahinter?
Gute Ernährungsforschung ist aufwendig – und damit auch teuer. In der Vergangenheit hat es etliche Skandale gegeben, weil die Industrie Einfluss auf Ernährungsstudien genommen hat. Besonders gut erforscht ist dies für das Beispiel Zucker, doch es gibt durchaus noch andere Problemfelder.
Woher stammt das Geld für die Ernährungsforschung? Welche Rolle spielen die Etats von Regierungen oder der Europäischen Union, welche die Stiftungen und welche die direkte Auftragsforschung für Unternehmen? Ist die immer schlecht oder muss man genauer hinschauen, um zwischen guter und schlechter Ernährungsforschung zu unterscheiden?
Sendung als Podcast
Download Funkkolleg Ernährung (Folge 12), MP3-Audioformat, 25,3 MB
Sendung in hr-iNFO: 08.02.2020, 11:30 Uhr
Zusatzmaterial
1. Studien, über die in dieser Sendung berichtet wurde
Walnuss und verbesserte Ernährungsqualität
Ergebnis der Studie zeigte, dass der Verzehr von Walnüssen zu einer signifikanten Verbesserung der Ernährungsqualität führt, ohne das Gewicht zu beeinträchtigen. Diese Studie wurde finanziell unterstützt durch den Verband kalifornischer Walnussbauern.
https://drc.bmj.com/content/3/1/e000115
Kakao- und Schokolade haben positive Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System
Entsprechend produzierte Kakao- und Schokoladenprodukte können die Gesundheit des Herz-Kreislaufsystems verbessern. Einer der beteiligten Forscher ist Manager von „Science for Mars, Incorporated“.
Konsum von Fett erhöht das Risiko eines Herzinfarktes oder Schlaganfalls
Der Konsum von Fett ist der Hauptschuldige, wenn das Risiko eines Herzinfarkts oder Schlaganfalls ansteigt. Studie wurde finanziell unterstützt von der Zuckerindustrie.
https://nature.berkeley.edu/garbelottoat/wp-content/uploads/Mcgandy-1967-part-1-1.pdf
Beeinflussung der chinesischen Regierung im Kampf gegen die wachsenden Probleme der Bevölkerung mit Adipositas und Übergewicht durch eine von der Industrie finanzierte Organisation
https://www.bmj.com/content/364/bmj.k5050
https://link.springer.com/article/10.1057%2Fs41271-018-00158-x
ILSI wehrt sich gegen die Vorwürfe der Einflussnahme
Mangel an Bewegung führt zu Übergewicht, Diabetes mellitus Typ 2 und Krebs – Studie finanziert durch Coca-Cola
2015 erschien im Fachmagazin „British Journal of Sports Medicine“ eine Veröffentlichung, nach der nicht die falsche Ernährung Schuld ist an Übergewicht, Typ-2-Diabetes mellitus oder auch Krebs, sondern der Mangel an Bewegung. Ganz am Ende des Artikels, hinter den Literaturangaben, legt ein Hinweis finanzielle Verbindungen mit Coca-Cola offen.
https://bjsm.bmj.com/content/49/15/970.full
Auswirkungen von Butter und Olivenöl auf Cholesterinwerte
Industrieforschung muss keineswegs generell problematisch sein. 2015 erschien im American Journal of Clinical Nutrition ein Artikel, der die Wirkung von Butter und Olivenöl auf die Cholesterinwerte untersuchte. Darin stand, dass selbst ein moderater Butterkonsum die Cholesterinwerte im Blut erhöhte, finanziert wurde die Studie von der dänischen Milchwirtschaft.
https://academic.oup.com/ajcn/article/102/2/309/4564657
Strategien der Einflussnahme
https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(12)62089-3/fulltext
Studien, die von der Industrie finanziert werden, kommen häufig zu anderem Ergebnis als unabhängige Studien
Eine gemeinsame Literaturanalyse der Universität Navarra in Spanien und des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung (DIfE) zeigt nun erstmals: Systematische Übersichtsarbeiten, bei denen ein finanzieller Interessenkonflikt aufgrund industrieller Förderung angegeben war, kommen fünfmal häufiger zu dem Ergebnis, dass kein Zusammenhang zwischen dem Konsum zuckerhaltiger Erfrischungsgetränke und einer Gewichtszunahme besteht, als Studien, bei denen kein Interessenkonflikt vorlag.
http://www.dife.de/presse/pressemitteilungen/?id=1259
2. weiterführende Literatur
Deutsche Forschungsgemeinschaft
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) ist mit Abstand der größte Forschungsförderer in Deutschland.
https://www.dfg.de/download/pdf/dfg_im_profil/geschaeftsstelle/publikationen/dfg_jb2018.pdf
Volkswagenstiftung
Die Volkswagenstiftung ist eine gemeinnützige Stiftung, die ihre Gelder aufgrund des Urteils von angesehenen Wissenschaftlern verteilt.
International Life Sciences Institute (ILSI)
1978 hatte der damalige Vizepräsident Coca-Colas die Forschungsorganisation gegründet, an der sich inzwischen mehr als 30 Firmen beteiligen – Firmen vor allem aus dem Nahrungsmittel- und Getränkesektor, der Landwirtschaft, der chemischen und pharmazeutischen Industrie. ILSI hat weltweit Niederlassungen, auch in China.
3. Personen
Prof. Dr. Susan Greenhalgh
Sie ist Professorin für Anthropologie an der Harvard University, erforscht, welche Rolle persönliche und finanzielle Verbindungen in Wissenschaft und Politik spielen. Ihr Spezialgebiet ist China. Weitere Forschungsinteressen bestehen in Sozialwissenschaftliche Studien der Naturwissenschaften, Technik und Medizin; Globale Gesundheit, öffentliche Gesundheit, Gesundheitspolitik; Staatsanthropologie, Regierungsführung und öffentliche Politik; Adipositas-Epidemie; Reproduktions-/Bevölkerungspolitik; Geschlechterstudien; Sozialismus und Post-Sozialismus; Volksrepublik China, Taiwan, ausgewählte Interessen in der U.S.-Gesellschaft. An der Columbia University absolvierte sie den Master of Arts sowie ihre Promotion in Soziokulturellen Anthropologie. Weiterhin erhält sie ein Zertifikat des Ostasiatischen Instituts Wellesley College in dem Bachelor of Arts in Psychologie.
Prof. Dr. Gunter P. Eckert
Dr. Gunter P. Eckert ist Professor für Ernährung in Prävention und Therapie am Institut für Ernährungswissenschaft der Justus-Liebig-Universität Gießen. Prof. Eckert hat Lebensmittelchemie und Umwelttoxikologie in Kaiserslautern studiert und in Heidelberg sowie Frankfurt im Fach Pharmazie promoviert. Es folgten Auslandsaufenthalte in Sao Paulo, Brasilien und Minneapolis, USA. Als Fachpharmakologe arbeitete er viele Jahre an der Goethe-Universität in Frankfurt auf dem Gebiet der medikamentösen Behandlung von neurodegenerativen Erkrankungen, wo er zur Neuropharmakologie von Statinen habilitierte. Nach seiner Habilitation wandte er sich verstärkt der Prävention von neurodegenerativen Erkrankungen zu. Heute erforscht er mit seiner experimentellen Arbeitsgruppe in Gießen Mechanismen, die Alterungsprozessen zu Grunde liegen und wie diese durch biofunktionelle Nahrungsbestandteile und potentielle Wirkstoffe moduliert werden können. Dabei steht die Funktion der Mitochondrien, der Kraftwerke der Zellen, im Fokus.
Prof. Dr. Annette Buyken
Frau Buyken ist aktuell Professorin für Public Health Nutrition an der Universität in Paderborn. Sie studierte Haushalts- und Ernährungswissenschaften an der Universität Bonn. Anschließend arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Diabetes Forschungsinstitut an der Heinrich-Heine Universität in Düsseldorf in der Arbeitsgruppe „Klinische Epidemiologie und Therapieoptimierung“. Sie promovierte in Ernährungswissenschaften zum Thema „Relation of carbohydrate and fibre intake to the glycaemic control of European individuals with type 1 diabetes“. Von 2002 bis 2003 erhielt sie einen Lehrauftrag in Ernährungstherapie des Diabetes mellitus der Fachhochschule Münster. Zwischen Mai 2001 und Mai 2003 war sie Leiterin des wissenschaftlichen Büros der International Task Force for Prevention of Coronary Heart Disease an der Universität Münster sowie der deutschen Infarktforschungshilfe in Münster. Sie arbeitete als Post-Doc an der University of Sydney und war Mitglied der Kommission zur Erstellung einer evidenzbasierten Leitlinie zur Kohlenhydratzufuhr (DGE). Anschließend war sie First Editor beim British Journal of Nutrition und habilitierte in Ernährungsepidemiologie zu „Carbohydrate nutrition and health – selected aspects from a life-course perspective“ an der Universität in Bonn. Sie arbeitete zudem als wissenschaftliche Mitarbeiterin der DONALD Studie und war Mitglied in der ILSI Europe Expert Group. Seit 2010 ist sie Mitglied des Steering Committees der Deutschen Diabetes Studie am Deutschen Diabetes Zentrum in Düsseldorf. Weiterhin ist sie seit 2013 Gründungsmitglied des International Carbohydrate Qualitiy Consortium (ICQC) und seit 2016 Mitglied der Kommission zur Erstellung einer evidenzbasierten Leitlinie zur Proteinzufuhr (DGE) sowie des Präsidiums der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Außerdem gehört sie dem wissenschaftlichen Beirat des Max Rubner Institutes an, ist Sprecherin der Fachgruppe „Public Health Nutrition“ der DGE. Seit 2019 ist sie zudem im Fachlichem Beratungsgremium bei Ernährung im Fokus.
Prof. Dr. Christian Kreiß
Herr Kreiß studierte Volkswirtschaftslehre an der Ludwig-Maximilian-Universität in München und schloss dieses Studium 1987 mit dem Diplom ab. Anschließend forschte er im Bereich jüngere Wirtschaftsgeschichte, insbesondere über die Große Depression 1929-1932 als Assistent des Wirtschaftshistorikers Prof. Dr. Dr. h.c. Knut Borchardt an der LMU München. Er promovierte über die Kartellpreispolitik 1924-1932. Nach einem Trainee-Programm arbeitete er als Kreditanalyst in der Zentrale der Commerzbank in Frankfurt am Main zu Bilanzanalysen und Rating von westeuropäischen Unternehmen. Anschließend wechselte er an die Bayerische Landesbank München und zur Dresdner Bank Gruppe. Von 2000 bis 2002 war er Geschäftsführer von BEN Bavarian Equity Network GmbH, einem Zusammenschluss von fünf bayerischen Privatbanken. Seit März 2002 ist er ordentlicher Professor an der Hochschule für Wirtschaft und Technik in Aalen im Studiengang Wirtschaftsingeniuerwesen mit den Schwerpunkten Investition, Finanzierung, Grundlagen der Volkswirtschaftslehre und Unternehmensplanspiel. Zudem hielt er von 2004 bis 2006 Vorlesungen über Investmentbanking an der Universität Maine, USA. Er hat vier Bücher geschrieben, viele Publikationen veröffentlicht, hält viele öffentliche Vorträge und war oft im Fernsehen und Radio zu sehen. Beliebte Forschungsthemen sind Finanzkrisen, geplante Veralterung, korrupte Wissenschaft und Hochschulbildung in Unternehmen, negative Auswirkungen der Werbung. Er sagte dreimal als unabhängiger Wissenschaftler vor dem Deutschen Bundestag aus. Seit September 2008 ist er zusätzlich Studiendekan im Master of Engineering in Industrial Management der Hochschule in Aalen.
Dr. oec. troph. Robert Schaller
Herr Schaller ist Leiter des Referates Ernährungsforschung im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft sowie Regierungsdirektor. Er studierte Ökotrophologie an der Technischen Universität in München und promovierte in diesem Fach.
Die Zusatzmaterialien werden in der Reihenfolge gelistet, in der die Stichworte in der Sendung Erwähnung gefunden haben. Die Materialien wurden zum Zugriffszeitpunkt 05.02.2020 erstellt von:
Dr. Sandra Habicht, Jana Roßney
Zusatzmaterialien als PDF zum Herunterladen