16 Kantinen

Autorin: Rebekka Dieckmann

Abgespeist – Können Kantinen gut sein?

Schul- und Betriebskantinen, Mensen, Großküchen in Krankenhäusern und Pflegeheimen –  die tägliche Ernährung in Deutschland findet zu einem großen Teil über Großküchen statt. Kantinen sind ein wachsender und lukrativer Markt. Aber das Großküchen-Essen hat oft keinen leichten Stand. Ein Knackpunkt sind die EU-weit gültigen Ausschreibungs-Regeln, die Schulen zum Beispiel zwingen, den billigsten  Anbieter zu wählen.
Was sind die Gesetze dieses Marktes? Kann Großküchen-Essen gut – und trotzdem preiswert sein?

Mittlerweile setzen sich auch in Deutschland Ernährungsräte für ein umfassendes Nachdenken über unser Gemeinschaftsessen ein. Einige Städte haben ziemlich strenge Vorgaben für die Verpflegung in städtischen Bildungseinrichtungen festgelegt. Es werden regionale, gemeinnützige Unternehmen bevorzugt. Kommen Biolebensmittel zum Einsatz, wie lange wird etwas warm gehalten, gibt es vegetarische Angebote – solche Fragen gewinnen an Bedeutung. Und unter dem Titel “Nouvelle Cantine” rüsten immer mehr Unternehmen ihre Kantinen zu Genusstempeln im Restaurantstil um.

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Sendung als Podcast

Download Funkkolleg Ernährung (Folge 16), MP3-Audioformat, 34,3 MB

Sendung in hr-iNFO: 07.03.2020, 11:30 Uhr

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Zusatzmaterial

  1. Kantinentest des Vereins „Food&Health“
  2. Food Report 2019
  3. Ernährungsreport des BMEL 2019
  4. temperaturentkoppelte Systeme
  5. Schulverpflegung
  6. Freeflow-System
  7. Qualitätsstandards der DGE
  8. Ernährung älterer Menschen in stationären Einrichtungen
  9. Ernährungsräte
  10. weiterführende Literatur
  11. Personen

1. Kantinentest des Vereins „Food&Health“

Die Teilnehmer werden auf Basis der Anzahl an verköstigten Mitarbeitern pro Tag in Gruppen unterteilt. In jeder Größe wurden hierbei die Top 5 der Gesamtbewertung, sowie in den Food & Health-Kategorien Genuss, Verantwortung und Gesundheit ausgelobt.

Die Gesamtsieger aus allen Kategorien waren engelbert strauss GmbH & Co. KG (bis 750 Essen pro Tag), WAGO Kontakttechnik GmbH & Co. KG (bis 1500 Essen pro Tag) und Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG (ab 1500 Essen pro Tag).

http://www.food-and-health.org/#winners

Weitere Ergebnisse des Food&Health Kantinentestes finden Sie unter http://www.food-and-health.org/assets/downloads/Top50-Kantinentest-2020.pdf.

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2. Food Report 2019

Als Ernährungs- und Trendexpertin ist Hanni Rützler immer auf der Suche nach den wichtigsten Trends der Szene. Im diesjährigen Food Report legt sie den Fokus auf die französische Küche, denn die Zeit scheint reif für eine Renaissance! Eine Art Neu(er)findung erleben auch der LEH und das einst so wenig beliebte Kantinenessen: Mit Hilfe von maßgeschneiderten Esslösungen und bewusster Kulinarik in Betrieben werden Megatrends wie Individualisierung und Gesundheit zu wirkmächtigen Hebeln einer gelungenen Transformation.

https://www.zukunftsinstitut.de/artikel/food-report-2019/

Rützler, Hanni / Reiter, Wolfgang: Food Report 2019. Frankfurt 2018

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3. Ernährungsreport des BMEL 2019

Die Deutschen achten auf eine abwechslungsreiche Ernährung. Sie essen und kaufen immer bewusster ein – dies sind die wichtigsten Erkenntnisse des diesjährigen Ernährungsreports. Die Ergebnisse der jährlichen repräsentativen Umfrage unter 1000 Verbraucherinnen und Verbrauchern präsentierten Bundesernährungsministerin Julia Klöckner und Forsa-Geschäftsführer Manfred Güllner am 9. Januar 2019 in Berlin.

Schmackhaft und gesund

Essen soll gut schmecken, geben 99 Prozent der Befragten an. Dabei ist 91 Prozent der Befragten gesundes Essen wichtig. So achten die Deutschen auf abwechslungsreiche Ernährung:

  • 71 Prozent essen täglich Obst und Gemüse.
  • 64 Prozent nehmen täglich Milchprodukte wie Joghurt und Käse zu sich.
  • Fleisch- und Wurstwaren kommen bei 28 Prozent jeden Tag auf den Tisch. Vegetarisch ernähren sich sechs Prozent der Befragten. Veganer sind ein Prozent.

Verbraucherinnen und Verbraucher wissen, dass zu viel Zucker und Fette ungesund sind. 84 Prozent der Befragten sind daher dafür, Fertigprodukten weniger Zucker zuzusetzen – auch wenn sie dann nicht so süß schmecken. 71 Prozent ist es wichtig, dass Fertigprodukte weniger Zucker enthalten, 68 Prozent wollen darin weniger ungesunde (Trans-)Fette und 38 Prozent weniger Salz. Diese Ergebnisse stützen den Ansatz, den Bundesernährungsministerin Julia Klöckner mit der Nationalen Reduktions- und Innovationsstrategie für Zucker, Fette und Salz in Fertigprodukten zusammen mit der Lebensmittelwirtschaft geht.

Qualitätsaspekte kommen auch bei der Lebensmittelkennzeichnung zum Tragen: Für 84 Prozent sind die gesetzlich vorgeschriebenen Angaben zu Inhalts- und Zusatzstoffen bedeutend. Fast alle Befragten (95 Prozent) wünschen sich, dass Kinder die Grundlagen der gesunden Ernährung schon in der Schule lernen sollten und untermauern damit das Engagement des BMEL in der Ernährungsbildung.

Regelmäßig kochen, verantwortungsbewusst einkaufen und produzieren

Die Mehrheit der Deutschen (74 Prozent) kocht gerne. Allerdings schaffen es viele im Alltag nicht regelmäßig zu kochen: So kochen 40 Prozent täglich. Zwei bis dreimal die Woche stehen 37 Prozent am Herd.

Knapp drei Viertel der Befragten (73 Prozent) gehen mindestens einmal pro Monat in ein Restaurant oder eine Gaststätte; 20 Prozent mindestens einmal pro Woche in eine Kantine.

60 Prozent kaufen mindestens mehrmals pro Woche ein – Lebensmittel liefern ließ sich im vergangenen Jahr nur knapp jede(r) Zehnte.

Dabei möchten immer mehr Menschen verantwortungsbewusst einkaufen und wollen wissen, wie die Lebensmittel produziert werden: 70 Prozent halten artgerechte Tierhaltung für sehr wichtig. 81 Prozent wünschen sich daher ein staatliches Tierwohlkennzeichen auf den Lebensmitteln. 68 Prozent möchten, dass die Landwirtschaft mit den natürlichen Ressourcen schonend umgeht. 64 Prozent legen Wert auf faire Löhne in der Landwirtschaft.

Zum Ernährungsreport

Das BMEL veröffentlicht den Ernährungsreport „Deutschland, wie es isst“ seit 2016 jährlich auf Basis einer repräsentativen Befragung des Meinungsforschungsinstituts forsa unter rund 1000 Bundesbürgerinnen und -bürgern ab 14 Jahren zu ihren Ess- und Einkaufsgewohnheiten.

https://www.bmel.de/DE/Ernaehrung/_Texte/Ernaehrungsreport2019.html

Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft: Deutschland, wie es isst. Der BMEL-Ernährungsreport 2019. Berlin 2019 https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Broschueren/Ernaehrungsreport2019.pdf?__blob=publicationFile

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4. temperaturentkoppelte Systeme

Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal von Kostsystemen besteht darin, inwieweit die Produktion ge- oder entkoppelt ist. Hier spielen die Parameter Raum, Zeit und Temperatur eine wichtige Rolle.

  • Beim Selberkochen sind alle Parameter gekoppelt: Es wird in räumlicher Nähe zum Verzehrsort produziert, es vergeht wenig Zeit zwischen Garprozess und Verzehr und die Temperatur bleibt gleich.
  • Beim Warmhaltesystem sind Raum und Zeit nicht mehr gekoppelt, die Temperatur hingegen schon.
  • Bei „Cook and Chill“ und „Cook and Freeze“ ist auch die Temperatur entkoppelt. Sie wird nach dem Garen nicht gehalten, sondern in möglichst kurzer Zeit heruntergefahren. Für Abkühlungszeit und -temperaturen legt DIN 10508 genaue Vorgaben fest. Außerdem wird der Garprozess in der Regel bei einem Gargrad von 80 bis 90 Prozent abgebrochen. Zusammen mit dem Regenerieren der Speisen unmittelbar vor dem Verzehr werden sie endgegart oder „gefinisht“. Mit der Temperaturentkopplung ist eine sehr gute Qualitätserhaltung möglich, die dem Frischekostsystem nicht nachsteht.

Schule-Ist-Soll

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5. Schulverpflegung

Eine bundesweite Erhebung zur Qualität der Schulverpflegung ist in folgendem Abschlussbericht verfasst: https://www.in-form.de/fileadmin/Dokumente/Materialien/20150625INFORM_StudieQualitaetSchulverpflegung.pdf

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6. Freeflow-System

Der Name des Ausgabesystems deutet es an: Die Verpflegungsteilnehmer können verschiedene Verpflegungsinseln separat ansteuern und „frei strömen“. Sie werden dabei nicht durch eine durchgängige Theke gelenkt, wie es bei der Cafeteria Line der Fall ist. Die Verpflegungsteilnehmer nehmen sich ein Tablett, verschaffen sich einen Überblick und gehen zu der Ausgabestelle, an der es die gewünschten Speisen gibt.

Vorteile

  • Das Essen kann individuell zusammengestellt werden.
  • Inseln können flexibel bestückt werden.

Nachteile

  • Im Vergleich zu allen Ausgabesystemen benötigt eine Free Flow-Ausgabe den größten Flächenbedarf, damit die Gäste nicht kollidieren und die Inseln auch während er Ausgabezeit nachbestückt werden können.
  • Die Gäste schauen sich oft erst um, bevor sie sich bedienen, weshalb die Wartezeit länger sein kann als bei der Cafeteria Line.

https://www.station-ernaehrung.de/fachinformationen/fuer-die-gemeinschaftsverpflegung/ausgabesysteme/free-flow/

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7. Qualitätsstandards der DGE

Die DGE-Qualitätsstandards sind Broschüren von ungefähr 50 Seiten, die beschreiben, wie ein gesundheitsförderndes Verpflegungsangebot auf der Basis wissenschaftlicher Grundlagen aussehen sollte. Im Bereich Klinik gibt es den „DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in Krankenhäusern“ und den „DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in Rehabilitationskliniken“.

Ihre Entwicklung wurde beauftragt und gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und 2011 von der DGE in Zusammenarbeit mit Experten aus Wissenschaft, Politik und Praxis durchgeführt.

https://www.station-ernaehrung.de/dge-qualitaetsstandard/

Deutsche Gesellschaft für Ernährung ‚(Hrsg.): DGE-Qualitätsstandard für die Schulverpflegung. Bonn 2014

Deutsche Gesellschaft für Ernährung: DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung von Tageseinrichtungen für Kinder. Bonn 2015

https://www.in-form.de/fileadmin/Dokumente/Materialien/DGE_Qualitaetsstandard_fuer_die_Betriebsverpflegung_Aufl.4.pdf

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8. Ernährung älterer Menschen in stationären Einrichtungen

Ziel des Qualitätsstandards ist es, die Verantwortlichen für die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen bei der Umsetzung einer bedarfsgerechten und ausgewogenen Verpflegung zu unterstützen und damit den Senioren die Auswahl aus einem vollwertigen Verpflegungsangebot zu ermöglichen. Dazu bietet dieser Qualitätsstandard eine praxisorientierte Hilfestellung. Die Inhalte basieren auf der aktuellen wissenschaftlichen Datenlage. Hierzu zählen unter anderem die D-A-CH-Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr und deren Umsetzung in die Gemeinschaftsverpflegung.

https://www.fitimalter-dge.de/fileadmin/user_upload/medien/DGE-Qualitaetsstandard_Stationaere_Senioreneinrichtungen.pdf

altersbedingte Kau- und Schluckbeschwerden

https://www.in-form.de/fileadmin/Dokumente/Materialien/Kau_und_Schluckst_FitimAlter.pdf

Mangelernährung im Alter

https://www.in-form.de/fileadmin/Dokumente/Materialien/Mangelernaehrung_FitimAlter.pdf

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9. Ernährungsräte

http://neu.ernaehrungsraete.org/

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10. weiterführende Literatur

Arens-Azevedo, Ulrike / Schillmöller, Zita (u.a): Qualität der Schulverpflegung.  Bundesweite Erhebung. Hamburg 2015

Thurn, Valentin / Oertel Gundula /  Pohl Christine:  Genial lokal. So kommt die Ernährungswende in Bewegung. München 2018

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11. Personen

Nenad Marinkovic

Herr Marinkovic hat von 2007 bis 2010 eine Ausbildung als Koch im Grandhotel Hessischer Hof in Frankfurt absolviert. Anschließend arbeitete er als Commis de Cuisine im Kofler & Kompanie Villa Merton, eher er als Chef de Partie im Restaurant Margarete, im Restaurant Frohsinn und im 25hours Hotel The Goldman aktiv war. Zwischen 2014 und 2017 war er Sous Chef im Tigerpalast Restaurant, anschließend im Meyer Catering & Service GmbH. Seit April 2018 ist er Küchenchef bei Laube Liebe Hoffnung.

Dr. Catherina Jansen

Frau Jansen arbeitet an der Hochschule Fulda im Fachbereich Ökotrophologie mit dem Schwerpunkt Großküchenverpflegung und Catering.

Thomas Ferber

Herr Ferber ist Schulleiter.

Dr. Ulrike Kreinhoff

Frau Kreinhoff ist Leiterin der DGE-Sektion Hessen.

Bärbel Prätorius

Frau Prätorius ist Sprecherin des Frankfurter Ernährungsrates.

Valentin Thurn

Herr Thurn (geboren 1963 in Stuttgart) ist ein deutscher Dokumentarfilmer, Journalist und Autor, der u. a. als Regisseur und Produzent des Films Taste the Waste (2011) bekannt ist. Studiengänge der Geographie, Ethnologie und Politik in Frankfurt, Köln und Aix-en-Provence schloss er als Diplom-Geograph ab. Er absolvierte 1985/1986 zudem eine Ausbildung zum Redakteur an der Deutschen Journalistenschule München. Thurn arbeitet seit 1990 für die öffentlich-rechtlichen Sender arte, ARD und ZDF. Seit 1994 ist er Inhaber seiner eigenen Produktionsfirma, der Thurnfilm/Valentin Thurn Filmproduktion.

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Interessierte Hörerinnen und Hörer finden auf dieser Seite weiterführende Informationen zu den einzelnen Sendungsthemen als Zusatzmaterial.

Die Zusatzmaterialien werden in der Reihenfolge gelistet, in der die Stichworte in der Sendung Erwähnung gefunden haben. Die Materialien wurden zum Zugriffszeitpunkt 04.03.2020 erstellt von Dr. Sandra Habicht und Jana Roßney.

Zusatzmaterialien als PDF zum Herunterladen